Lisa Wollitzer
Lisa Wollitzer, 26 Jahr alt, aufgewachsen in Felsberg. Nach dem Abitur Ausbildung zur Rettungssanitäterin und weil das viel Spaß gemacht hat, gleich noch eine Ausbildung zur Rettungsassistentin hinterher. Erst Ihr Opa und später Ihr Ausbildungsleiter waren Wegbereiter für das anschließende Studium zur Medizinpädagogin. Heute: Teilzeitstudentin in Gera und zugleich Dozentin an der DRK-Rettungsdienstschule in Kassel. In Ihrer wenigen Freizeit treibt Sie gerne Sport; Frauenfußball.
Sie arbeiten als Lehrkraft an der DRK-Rettungsdienstschule in Kassel. Zugleich sind Sie Studentin an der Hochschule. Permanenter Rollenwechsel. Wie geht das?
Ja, das ist richtig, ich bin Teilzeitstudentin und Teilzeitdozentin. So unterrichte ich hier in Kassel an der Rettungsdienstschule und bin einmal im Monat für mehrere Tage an der Hochschule für Gesundheit in Gera und studiere dort den Studiengang Medizinpädagogik. Das ist anstrengend, macht aber auch viel Spaß. Alles was ich im Studium lerne, kann ich sofort in die Praxis umsetzen.
Mit Ihren 26 Jahren sind Sie häufig nicht viel älter als Ihre Schüler. Vorteil oder Nachteil?
Ein Nachteil ist das nicht. Aber klar, habe ich mir darüber auch schon mal Gedanken gemacht. Es ist sogar schon mal vorgekommen, dass ich jünger war als einer der Schüler. Es ist ja so, dass ich mich häufig im selben Lebensabschnitt befinde, wie die Auszubildenden eben auch. Wichtig ist, dass mein Fachwissen im Vordergrund steht und ich dafür respektiert werde.
Lehrkraft in der Rettungsdienstschule ist nicht der klassische Studentenjob. Wie kam es dazu?
Schon ganz früh bin ich zum Rettungsdienst gekommen. Direkt nach dem Abitur habe ich im Rettungsdienst in Schwalm-Eder ein Freiwilliges Soziales Jahr gemacht. Die Volunta hatte mir diese Einsatzstelle vorgeschlagen. Mir hat das FSJ auch gleich sehr gut gefallen.
Schon als Kind hat mein Opa immer zu mir gesagt: "Du wirst mal Lehrerin". Das hat mich auch die ganze Zeit nicht losgelassen. Ich habe den damals klassischen Ausbildungsgang im Rettungsdienst von der Rettungssanitäterin zur Rettungsassistentin und dann zur Notfallsanitäterin gemacht – wusste aber immer schon, dass ich auch noch studieren will.
Welche Schwerpunkte unterrichten Sie?
Mein Schwerpunkt ist das Thema Hygiene im Rettungsdienst. Daneben unterrichte ich aber auch die Themen Pädiatrie, thermische Notfälle und rettungsdienstliche Versorgung bei Vergiftungen. Grundsätzlich müssen wir als Dozenten an der Rettungsdienstschule natürlich alle ausbildungsrelevanten Themen beherrschen. Aber es ist nun mal so, dass jeder Dozent und jede Dozentin da auch eigene Interessenschwerpunkte setzt.
Wie funktioniert Lernen heute? Praxis und Theorie? Welche Methoden funktionieren?
Heute durchläuft ein/e Notfallsanitäter/in eine 3-jährige Fachausbildung. Das heißt natürlich auch, dass diese Ausbildung viel Wissen und Fertigkeiten vermittelt. So gehört heute ein Funklehrgang genauso zur Ausbildung, wie eine Ausbildung zum Rettungsschwimmer.
Zudem hat die Ausbildung heute einen deutlich höheren Praxisanteil. Häufig wird am Vormittag Theorie gelernt und am Nachmittag setzen wir das Erlernte in die Praxis um, indem wir genauso einen Notfall mimen und die Abläufe der Maßnahmen üben.
Sie bereiten Menschen auf den Beruf als Notfallsanitäter vor. Welche Voraussetzungen muss man denn für den Job mitbringen?
Aufgeschlossenheit und grundsätzliches Interesse an dem Beruf muss man voraussetzten. Aber ansonsten gibt es nicht den oder die eine charakterliche Eigenschaft, die jemanden zu einem oder einer guten Notfallsanitäter/in macht. Zu Beginn der Ausbildung treffen wir in den Klassen auf ganz unterschiedliche Menschen. Die Auszubildenden kommen frisch von der Schule mit einem Realschulabschluss oder Abitur. Manche haben bereits eine Ausbildung gemacht, wieder andere sind Quereinsteiger nach Abbruch einer Ausbildung oder eines Studiums. Diese heterogene Gruppe eint der Wille, Notfallsanitäter zu werden. Das ist eine Herausforderung – gelingt aber gut.
Gibt es Schüler, die im Laufe der Ausbildung merken, dass das nicht der richtige Beruf für sie ist?
Ja, das kommt vor – wenn auch selten. Ob körperliche Belastung, psychischer Stress und manchmal auch prägende Einsätze können Gründe dafür sein. Es gibt auch Auszubildende, die feststellen, dass sie mit anderen Erwartungen in die Ausbildung gestartet sind.
Frauen im Rettungsdienst? Eher selten?
Da ändert sich gerade ganz viel. Noch vor sechs Jahren, als ich ganz neu auf der Rettungswache meinen Dienst begonnen habe, waren wir insgesamt sechs Frauen in einem Team von 30 Kollegen. Wenn ich die Zusammensetzung heute in den einzelnen Klassen betrachte, dann gibt es zwar noch immer mehr Männer als Frauen aber der Frauenanteil steigt kontinuierlich.
Am Ende der 3-jährigen Ausbildung müssen Sie von den Schülern Abschied nehmen. Traurig oder Stolz?
Bisher habe ich nur Rettungssanitäter/innen bis zum Abschluss begleitet. Auszubildende von der ersten Ausbildungsstunde bis zur Prüfung, das hatte ich noch nicht. Aber ich bin da ganz unbesorgt. Ich arbeite auch immer wieder gerne in meinem Beruf als Notfallsanitäterin – irgendwo sieht man sich einfach immer wieder.